Sind "Brandmauern" politisch sinnvoll?


Was würde Franz Josef Strauß heute machen?

(KK) „Die Brandmauer, die die CDU gegenüber der AfD errichtet hat, schadet der Demokratie!“, schrieb der Philosoph und Publizist Alexander Grau kürzlich in einer Kolumne für die Zeitschrift Cicero. „Denn der Wunsch der Wähler nach einem Politikwechsel wird dadurch undurchführbar, da die CDU eine Regierung nur mit SPD oder Grünen bilden kann. Mit ihrer Brandmauer-Politik verurteilt die CDU das gesamte bürgerliche Lager dazu, linke Politprojekte mitzutragen, für die es keine Mehrheit gibt!“ Der renomierte Politikwissenschaftler Werner Patzelt sieht es ähnlich.

Doch jetzt baut CDU-Chef Friedrich Merz auch noch eine 2. "Brandmauer" gegenüber dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) auf, das bei der Europawahl erstaunlich gut abgeschnitten hat. Verständlich, dass BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht in einem Interview dazu bekennt: „Ich finde den Begriff ,Brandmauer‘ ziemlich dumm.“ Aber ist Wagenknecht nun links, konservativ oder gar linkskonservativ? Und was kann heute überhaupt noch als konservativ gelten? Ist der türkische Präsident Erdogan konservativ? Der Chinese Xi Jinpings. Oder die Saudis?

Kleiner Rückblick. Franz Josef Strauß kannte beileibe keine „Brandmauern“. Weder 1975 mit Mao in China, Juni 1983 mit Honecker in Ost-Berlin oder Dezember 1987 mit Gorbatschow in Moskau. Der lebenslang umstrittene Strauß heischte nicht nach den Beifall der veröffentlichten Meinung. Er war Staatsmann und Pragmatiker. Eines seiner Lieblingszitate: „Man muss dem Volk aufs Maul schauen, aber nicht nach dem Munde reden!“ Und er war erfolgreich.

Im wahrsten Sinne des Wortes überwand Strauß Vorurteile und riss "Brandmauern" ein. Es waren keine Alleingänge. In Abstimmung mit den Verbündeten verhandelte er weitsichtig und geschickt mit Diktatoren und Autokraten. Immer das Wohl der Deutschen im Auge. Gegen den Zeitgeist. Gegen die veröffentlichte Meinung. Ja nicht nur gegen den politischen Gegner im Lande, bisweilen sogar gegen eigene Parteifreunde. Siehe „DDR-Darlehen“ und Grundlagenvertrag. Beide Maßnahmen waren später dann wesentliche „Bausteine“ zur Überwindung einer tatsächlichen  Mauer und der deutschen Wiedervereinigung.

Fazit: Politik gestalten gegen den Zeitgeist, über Generationen hinweg, das unterscheidet Staatsmänner von Politikern. Doch erinnern wir uns noch weiter zurück: Im September 1955 verhandelte Konrad Adenauer in Moskau unbeugsam mit Nikita Chruschtschow. Ergebnis: Über 100 000 Kriegsgefangene wurden aus den sowjetischen Straflagern in die Heimat entlassen. - Also weiterhin  "Brandmauern"? Cui bono – wem nützt es?